Putins Stärke, Putins Schwäche

Für den russischen Angriff auf die Ukraine gibt es zwei Gründe. Zum einen hat die russische Führung mit allen Versuchen zur Kontrolle der ukrainischen Politik Schiffbruch erlitten. Nach den Maidanprotesten und dem Sturz von Janukowitsch konnte sie nur Teile des Landes abspalten, aber nicht ihren Einfluss in Kiew wiederherstellen. Deshalb greift sie jetzt zur direkten Eroberung weiterer Teile des Landes, um direkt zu beherrschen, was durch Erpressung nicht zu gewinnen war. Eine attraktive Alternative zur Westorientierung der Ukraine hat sie nicht zu bieten.

Zum anderen hat sich die russische Staatsmacht mit den Erträgen aus dem Export von Gas und Öl saniert und ihre Herrschaftsmittel modernisiert, vom Geheimdienst bis zum Militär. Im Land wird jede politische Opposition als Konstrukt „ausländischer Agenten“ isoliert. Zwar sinken seit 9 Jahren die Realeinkommen der russischen Bevölkerung, doch eine Bedrohung ergibt sich daraus für Putin nicht. Auf dem politischen Trümmerfeld des postsowjetischen Raums kämpfen die Gruppen einer sozialen und demokratischen Opposition um ihre Existenz, nicht um die Macht.

Aus diesen beiden Gründen ergeben sich Möglichkeiten und Grenzen der russischen Intervention. Lange Jahre hat die Atommacht Russland das Scheitern der USA im Irak und in Afghanistan erfreut beobachtet. Ein Scheitern, das ohne Glaskugel absehbar war. Jetzt versucht die russische Führung zu zeigen, dass sie es besser kann. Das Scheitern auch dieser Intervention ist absehbar. Wie das Leid, das sie verursachen wird.

„Voraussetzung der heutigen (»modernen«) internationalen Politik sind die Niederlagen der Arbeiterbewegungen in den Industrieländern in Ost und West und der antikolonialen Befreiungsbewegungen in der »Dritten Welt«. Organisationen, welche die Interessen der arbeitenden Klassen in einzelnen Ländern selbständig zu formulieren versuchen, erreichen nur selten nationale, in keinem Falle internationale Bedeutung. Der Klassengegensatz ist damit von der Oberfläche der Weltpolitik abgetreten. Nicht die Sehnsucht nach besseren alten Zeiten mit ihren schön kolorierten Feindbildern wird ihn wieder auf die weltweite Tagesordnung setzen, sondern der Kampf um Frieden hier und in fernen Ländern, um Gesundheit und sauberes Wasser, um lichte Wohnungen und kluge Schulbücher, um freie Arbeit und freie Zeit.“ (Diplomatie und Materialismus. Die gegensätzlichen Positionen der Imperialisten zum Irak-Krieg, junge Welt 18. März 2003, https://www.globalsecurity.org/org/news/2003/030318-iraq01.htm )

 

 

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