Israel: Keine Neuwahl, keine neuen Perspektiven

Noch vor wenigen Wochen sah es so aus. daß sich die Rechtsregierung Benjamin Netanyahus in Israel vorgezogenen Neuwahlen stellen müßte. Konflikte mit seinen Koalitionspartnern aus der religiösen Rechten standen auf der Tagesordnung, selbst der Wahltermin stand schon fest: der 4. September diesen Jahres.

Und dann kam es, wie schon so oft, ganz anders.Noch nach dem Beschluß der Knesset über die Wahlen zog Netanyahu am 7. Mai spätabends eine andere Lösung aus der Tasche. Eine Einigung mit der bisher größten Oppositionspartei, der Kadima. Hintergründe und Perspektiven dieser Wende erläutert der Kommentar von Yacov ben Efrat aus der Challenge. Dabei kommt er einerseits zu der Schlußfolgerung, daß es sich nicht um eine kurzfristige Konjunktur handelt:

Es geht nicht einfach um eine neue Koalition, sondern um eine neue politische Konstellation. Netanyahu ist die Erpressungen seiner alten Partner leid und reicht den ertrinkenden Ehud Barak und Shaul Mofaz die Hand, damit alle drei ihre Position erhalten können. Die Regierung soll nun die Religiösen, die Shas-Partei, die Siedlier und natürlich die Linke marginalisieren. Die Regierung wird am rechten Liberalismus festhalten, dem marktwirtschaftlichen Extremismus und der Ablehnung einer Einigung mit den Palästinensern – ohne Messianismus oder religiösen Zwang. Der Likud hat sich neu erfunden

Andererseits weist er darauf hin, daß solche Stabilisierung des politischen Establishments nicht mit einer politischen Lösung verwechselt werden sollte:

Netanyahu, Mofaz und Barak: Die drei Musketieren zeigen eine wahrlich beeindruckende Bilanz: zwei Chefs des Generalstab, zwei Verteidigungsminister, zwei Regierungschefs. Zugleich haben sie gezeigt, daß die Probleme, vor denen sie stehen, zu groß für sie sind. Bezüglich Irans stehen sie für einer unüberwindlichen Wand in Gestalt der USA und der Westlichen Länder, die ihre aggressive Politik ablehnen. Auch Mossad und Shin Bet Offiziere, die ihnen jahrelang loyal gedient haben, kritisieren sie scharf. Und was die Palästinenser betrifft, so gestatten sie die weitere Verschärfung der Lage und riskieren eine Explosion.

Der ganze Artikel in deutscher Übersetzung ist nun wieder hier zu finden..

Man könnte sagen, daß Benjamin Netanyahu das Ergebnis der US-Präsidentschaftwahlen vorweg nimmt. Offensichtlich geht er nicht mehr davon aus, daß nach dem 4. November 2012 eine Regierung der Republikaner gebildet wird, die ihm und der weiteren israelische Rechten stärker entgegen kommen könnte. So muß er sich nach liberalen Bündnispartner umschauen. Solange der Protest in Israel sich die politische Bühne nicht erobert, werden die Spiele der Eliten vor und hinter dem Vorhang die Hauptvorstellung bleiben.

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